Was ist ein Notlagentarif?
Befindet sich ein Privatversicherter über mehrere Monate im Beitragsrückstand, erfolgt die automatische Einstufung durch die Privatversicherung in den so genannten Notlagentarif. Hierüber wird der Versicherte vorab in Kenntnis gesetzt. Diese Tarifumstellung führt dazu, dass der Vertrag gem. § 193 Abs. 7 S.1 VVG „ruhend“ gestellt wird. So lange dieser Zustand existiert, kann der Versicherte, gem. § 153 Abs. 1 S. 2 VAG, nur eingeschränkt Leistungen in Anspruch nehmen. Erst wenn die Beitragsrückstände sowie alle damit entstandenen Säumniszuschläge und Mahnkosten beglichen sind, wird der Notlagentarif wieder aufgehoben. Im Anschluss daran erfolgt die erneute Einstufung in den ursprünglichen Tarif.
Wozu gibt es den Notlagentarif?
Generell wurde der Notlagentarif eingeführt, um zahlungsunfähige Versicherte vorrübergehend dahingehend zu unterstützen, dass sie ihre Beitragsrückstände wieder ausgleichen können. Während dieser Einstufung, hat der Versicherte u.a. Anspruch auf Leistungen im medizinischen Notfall. Folglich kann der Tarif als eine Art vorrübergehender „Mindestschutz“ gesehen werden. Die Privatversicherung soll nur in besonderen Fällen einen Schutz gewährleisten und den ohnehin in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen Versicherten nicht zusätzlich belasten.
Dürfen Beitragsrückstände aufgerechnet werden?
Medizinische Behandlungskosten, die während eines Notlagentarifs entstanden sind, werden durch die Privatversicherung regelmäßig nicht an den Leistungserbringer ausbezahlt, sondern mit den Beitragsrückständen des Patienten aufgerechnet. Dies hat zur Folge, dass der Leistungserbringer bspw. eine Klinik für die erbrachte Leistung nicht (vollständig) vergütet wird.
Mittlerweile gibt es diverse Rechtsprechungen, die sowohl für als auch gegen die Aufrechnung von Beitragsrückstände entschieden haben. In der Tat ist der § 193 Abs. 7 VVG nicht eindeutig formuliert, was die Auslegung in unterschiedliche Richtungen ermöglicht. Mit einer Aufrechnung der Beitragsrückstände ist unserer Auffassung nach das ursprünglich verfolgte Ziel, einen Versicherungsschutz im Notfall zu gewährleisten, verfehlt. Ein eingeschränkter Leistungsanspruch des Patienten sollte nicht zu Lasten des Leistungserbringers ausgelegt werden, zumal die Klinik als Leistungserbringerin am wenigsten dafür kann, dass sich der Patient im Notlagentarif befindet. Auch ein Arzt hat, speziell bei medizinischen Notfällen gem. § 7 Abs. 2 S. 1 MBO-Ä, grundsätzlich keine Möglichkeit eine Behandlung des Patienten abzulehnen. Dies könnte gem. § 323c Abs. 1 StGB strafrechtliche Sanktionen zur Folge haben. Bisher gibt es jedoch keine höchstrichterliche Entscheidung.