Anforderungen an die Abrechnung mit Selbstzahlern
Bei der Abrechnung mit der DRG’s kommt es auf Seiten der Patienten immer wieder zu Problemen und Irritationen. Es ist deshalb auch im Hinblick auf mögliche gerichtliche Verfahren wichtig, die Vorgaben des Krankenhausentgeltgesetzes strikt einzuhalten. Dies gilt vor allem für Abrechnungen gegenüber Privatpatienten.
Danach sind die Rechnungen des Krankenhauses für selbstzahlende Patienten gemäß § 8 KHEntG (Krankenhausentgeltgesetz) einer verständlichen und nachvollziehbaren Form zu gestalten. Dabei sind die Fallpauschalen und alle Zusatzentgelte mit der Nummerierung und den vollständigen Texten aus dem jeweils anzuwendenden Entgeltkatalog auszuweisen. Bei Fallpauschalen sind die Bewertungsrelationen und der Landesbasisfallwert und bei den Diagnose- und Prozedurenschlüsseln die entsprechenden Textfassungen anzugeben. Weitere Entgelte sowie Zu- oder Abschläge sind mit kurzen verständlichen Texten zu bezeichnen.
Die Erfahrung lehrt auch, dass bei Selbstzahlern klargemacht wird, dass weder die Bewertungsrelationen noch der Basisfallwert im Ermessen des Krankenhauses liegen. Klar ist auch, dass zwischen den Abrechnungen für gesetzliche Krankenkassen und Abrechnungen für Selbstzahler kein Unterschied bestehen darf.
Bei Patienten, bei denen ein Krankenversicherungsschutz nicht nachgewiesen wird, kann das Krankenhaus eine angemessene Vorauszahlung verlangen. Ab dem 8. Tag des Aufenthalts ist auch eine angemessene Abschlagszahlung möglich, deren Höhe sich an den bisher erbrachten und voraussichtlich noch zu erbringenden Leistungen orientiert.
Keine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen GKV
Zum Problemfall können auch die Patienten werden, die bei der Aufnahme eine Krankenversichertenkarte vorlegen, bei denen die Krankenkasse eine Kostenübernahme jedoch ablehnt. In den meisten Fällen sind die Patienten bei der angegebenen Krankenkasse nicht mehr versichert oder die Versicherung ruht.
Trotz der gesetzlichen Pflicht, nach der jedermann eine Krankenversicherung abschließen muss, sind aktuell noch in ca. 100.000 Personen in Deutschland nicht krankenversichert.
Bereits 2005 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass bei Vorlage einer Versichertenkarte eine Vergütungspflicht zunächst nur auf Seiten der Krankenkasse entsteht. Allerdings ist diese Vereinbarung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzupassen, wenn tatsächlich kein aktuelles Versicherungsverhältnis besteht. Dann hat der Patient die Rechnung selbst zu bezahlen. Dieses Urteil hat auch nach Einführung der Versicherungspflicht im Jahre 2007 noch seine Gültigkeit.
Das heißt, verweigert die Krankenkasse die Kostenübernahme, kann und muss sich das Krankenhaus an den Patienten selbst wenden. Es ist dann auch Pflicht des Patienten, sich selbst mit seiner Krankenkasse in Verbindung zu setzen und zum Beispiel über § 16 SGB V für einen akuten Krankheitsfall eine nachträgliche Kostenübernahme zu erreichen.
Macht der Patient dies nicht oder erst verspätet, hat er gegebenenfalls auch die Zinsen oder die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens zu tragen.
Wohnsitz Patient im Ausland; Direktanspruch gegen Versicherung
Patienten aus EU-Staaten
Bei Patienten aus den EU-Staaten und aus Island, Liechtenstein, Norwegen sowie der Schweiz gilt die europäische Krankenversicherungskarte. Patienten, die eine gültige Krankenversicherungskarte (oder eine Ersatzbescheinigung) sowie einen Identitätsnachweis (Reisepass oder Personalausweis) vorlegen, haben Anspruch auf alle Leistungen, die sich während des Aufenthalts als medizinisch notwendig erweisen. Dies gilt vor allem für akute Erkrankungen, aber auch für die fortlaufende Versorgung chronisch Kranker oder eine anstehende Früherkennungsuntersuchung, die nicht bis zur Rückkehr in das Heimatland aufgeschoben werden kann.
Die Abrechnung erfolgt bei ärztlichen Leistungen über die zuständige Kassenärztliche Vereinigung oder bei Krankenhausleistungen über eine deutsche Krankenkasse. Ein Direktanspruch gegen den Patienten gibt es nicht.
Patienten aus Staaten mit bilateralem Abkommen
Diese Patienten, z.B. aus der Türkei, Tunesien und Serbien haben nur einen Anspruch auf unaufschiebbare Leistungen. Diese Patienten müssen sich vor der Behandlung an eine deutsche Krankenkasse ihrer Wahl wenden, die einen entsprechenden Abrechnungsschein, gegebenenfalls mit Einschränkungen des Leistungsspektrums erstellt.
Hier ist zu beachten, dass bei der Behandlung die Dringlichkeit geprüft wird und die Einschränkungen auf dem Behandlungsschein beachtet werden.
Bei der Abrechnung von Krankenhausleistungen gegenüber der aushelfenden deutschen Krankenkasse gibt es keine Besonderheiten. Ein Direktanspruch gegen den Patienten gibt es nicht.
Patienten ohne Anspruchsnachweis
Patienten, die weder eine Europäische Krankenversicherungskarte noch einen Abrechnungsschein einer deutschen Krankenkasse vorlegen können müssen bei medizinischer Notwendigkeit trotzdem behandelt werden. Hier ist der Arzt berechtigt und verpflichtet nach der GOÄ abzurechnen. Die Abrechnung der Krankenhausleistungen erfolgt direkt gegenüber dem Patienten als Selbstzahler.
Für allgemeine Krankenhausleistungen nach § 8 Absatz 7 KHEntgG kann ein Vorschuss vom Patienten verlangt werden. Nach einer gewissen Verweildauer sind Abschlagszahlungen möglich. Dies gilt allerdings nur für die allgemeinen Krankenhausleistungen, nicht für die ärztlichen Leistungen. Bei Behandlungen von Notfällen kann kein Vorschuss verlangt werden kann.
Reicht ein Patient den Anspruchsnachweis innerhalb von 10 Tagen nach der ersten Inanspruchnahme nach, ist der Arzt bzw. Krankenhausträger verpflichtet, dem Patienten die Zahlungen zu erstatten und über die Krankenkasse abzurechnen.
Wenn der Patient eine Kostenübernahmeerklärung Dritter vorlegt, kann und sollte zunächst versucht werden, mit dieser Stelle abzurechnen.
Ein gerichtliches Verfahren gegen eine ausländische private Krankenversicherung ist erst angezeigt, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und zum Beispiel auch beim Patienten selbst keine Zahlung erreicht werden kann. Die Erfahrung zeigt, dass die ausländischen privaten Krankenversicherungen nicht begründen, warum keine Zahlung erfolgt. Hier wird oft nur auf die Versicherungsbedingungen verwiesen, die jedoch dem Krankenhaus nicht bekannt sein dürften. Ein gerichtliches Vorgehen gegen die Versicherung, die meistens im Ausland ihren Sitz hat, ist mit einem nicht geringen Prozessrisiko verbunden, da nicht eingeschätzt werden kann, weshalb bislang die Zahlung verweigert wurde.
Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen
Ein häufiger Grund für den Patienten, die Rechnung nicht oder jedenfalls nicht in voller Höhe zu bezahlen, ist vielfach die Einwendung, dass ein Behandlungsfehler vorliege.
Es ist unbedingt darauf zu achten, dass nach dem ersten konkreten Hinweis auf einen angeblichen Behandlungsfehler der Kontakt zur Haftpflichtversicherung gesucht wird. Ansonsten könnte der Versicherungsschutz wegen einer Verletzung der Obliegenheitspflicht nicht mehr gegeben sein.
Aus rechtlicher Sicht ist darüber hinaus folgendes wichtig:
Nach der ständigen Rechtsprechung und nun nach §§ 630 a und b BGB ist ein ärztlicher Behandlungsvertrag grundsätzlich ein Dienstvertrag. Der Arzt und damit auch das Krankenhaus schuldet keinen Erfolg, sondern eine Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards. Dabei ist der Inhalt der Behandlung und die Art der Therapie ausschließlich Sache des Arztes.
Das heißt, dass ein Honoraranspruch gegen den Patienten auch dann entsteht, wenn die Behandlung ohne einen Fehler des Arztes erfolglos geblieben ist. Dies gilt auch für im normalen Bereich der Fahrlässigkeit angesiedelte mögliche Behandlungsfehler.
Wenn der Patient den Honoraranspruch wirksam bekämpfen will, muss er mit Gegenansprüchen, zum Beispiel mit einem Schmerzensgeldanspruch, aufrechnen.
Die Beweislast für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers liegt grundsätzlich beim Patienten. Die ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten muss wiederum der Arzt beweisen.
Versorgung Patient mit Medikamenten – Dokumentation
Der Patient befand sich mehrfach wegen Depressionen zur stationären Behandlung im Krankenhaus. Darüber hinaus leidet der Patient unter Diabetes. In diesem Fall rechnet der Patient mit ihm angeblich zustehenden Schadensersatzansprüchen auf, weil ihm vom Krankenhaus für die Behandlung der Diabetes notwendige Medikamente nicht verordnet und zur Verfügung gestellt wurden. Diese Medikamente hätte er sich selbst beschaffen müssen.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass neben den für die Hauptdiagnose erforderlichen Medikamenten auch Medikamente für Krankheiten, die als Nebendiagnose zu sehen sind, verordnet werden müssen. Dies gehöre zur Leistungsverpflichtung des Krankenhauses.
Im speziellen Fall wurde die Klage des Krankenhauses teilweise abgewiesen, weil nicht bewiesen werden konnte, dass alle notwendigen Medikamente zur Verfügung gestellt wurden. Dies lag auch daran, dass für einen der stationären Aufenthalte keine Dokumentation vorgelegt werden konnte.
Es ist deshalb wichtig, alle Verordnungen von Medikamenten in der Behandlungsakte zu vermerken. Sollte in einem gerichtlichen Verfahren die Dokumentation vom Gericht angefordert werden, muss, sofern der Patient das Krankenhaus von der Schweigepflicht entbindet, die vollständige Behandlungsakte vorgelegt werden. Ansonsten kann das Krankenhaus beweisfällig bleiben.
Reiner Stauß († 2015)
Kanzlei BAYH & FINGERLE Stuttgart